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Erster Titel für Berlins HandballerMeister, ganz ungeplant

Die Füchse Berlin werden deutscher Handballmeister. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil etliche Spieler aus der eigenen Talentschmiede kommen.

Premiere: Die Profis der Füchse Berlin präsentieren ihren Fans die Meisterschale Foto: Uli Deck/dpa

Mannheim taz | Als eine Minute vor Spielende klar war, dass die Füchse Berlin bei den Rhein-Neckar Löwen gewinnen und sich damit zum ersten Mal den Titel des Deutschen Handballmeisters sichern würden, lagen sich Paul Drux und Fabian Wiede hinter der Berliner Bank lange in den Armen. Drux und Wiede, die seit 14 Jahren gemeinsam Handball spielen, stehen wie niemand sonst für den Weg der Füchse, Spieler über den eigenen Nachwuchs für das Profiteam zu entwickeln. Wiede war überwältigt: „Diesen Moment mit Paul teilen zu können, bedeutet mir alles. Er ist mein bester Freund und ich bin froh, dass er hier heute mit uns feiern kann.“

Beiden war gemein, dass sie während ihrer Karriere stets mit körperlichen Problemen zu kämpfen hatten. Während Drux wegen einer Knieverletzung im Oktober 2024 seine Karriere beenden musste, kehrte Wiede im März nach fünf Monaten Pause zurück. So beeindruckend, dass ihn Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning gar als MVP der Saison adelte: „Wenn ein Spieler von dieser Qualität ins Team kommt, ist es, als wenn du im Winter noch einen Weltklasseakteur nachverpflichtest.“

Hanning, der in seinem zwanzigsten Jahr als Geschäftsführer und Macher der Füchse ist, blickte im Moment des größten Triumphs auf das große Ganze: „Es war nie mein Bestreben, Deutscher Meister zu werden – es war immer der Wunsch, eigene Spieler ins System zu integrieren und zu zeigen, dass man für einen solchen Weg auch belohnt wird.“ So kamen am Sonntag sieben von 14 Spielern im Füchse-Kader aus der eigenen Akademie. Als die deutsche U21 im Jahr 2023 Weltmeister wurde, stammten sechs Spieler aus der Berliner Talentschmiede.

Matthes Langhoff, der der Partie am Sonntag die entscheidende Wendung gab, als er mit einer herausragenden Abwehrleistung Löwen-Regisseur und Nationalspieler Juri Knorr aus dem Spiel nahm, ist einer von ihnen. „Es ist einfach überragend, dass wir das gemeinsam erleben dürfen“, sagte der 23-Jährige. Der aber auch zugab, dass der zwischenzeitliche Rückstand von bis zu fünf Toren nicht spurlos am Team vorbeiging: „Anfang zweite Halbzeit hat dann schon etwas Nervosität eingesetzt, ob wir das hier heute drehen. Aber letztendlich sind wir bei uns geblieben und haben das Spiel gedreht.“

Game Changer Gidsel

Dass Hanning nicht nur einen Blick für Spieler hat, zeigt sich an Coach Jaron Siewert. Siewert durchlief alle Mannschaften von der Jugend an bei den Füchsen, bekam dann aber früh den Weg als Trainer aufgezeigt. „Es ist unglaublich, welche Entwicklung der Verein in den letzten fünf Jahren genommen hat. Wir sind dieses Jahr alle nochmals besser geworden“, fasst der mit 31 Jahren nun jüngste Meistertrainer aller Zeiten die Entwicklung des Teams zusammen. Einen konnte auch er nicht außen vorlassen: „Der Game Changer war natürlich die Verpflichtung von Mathias Gidsel.“

Dank Gidsel, bei dem nicht die Frage ist, ob er aktuell der weltbeste Handballer, sondern nur, ob er der beste Handballer aller Zeiten ist, wurde aus einem sehr guten Team ein Spitzenteam. Oder wie es von vielen Berlinern zu hören war: „Er macht jeden um ihn herum besser.“ Gidsel selbst resümierte: „Diese Reise der letzten drei Jahre bedeutet mir unglaublich viel. Denn es war nicht der einfache Weg, den wir gegangen sind. Als ich hierher kam, war es nicht das Ziel, Deutscher Meister zu werden.“

Die Reise der Berliner führt sie am kommenden Wochenende nach Köln, wo sie im Final Four der Champions League stehen. Langfristig ist klar, dass die Füchse an der Spitze bleiben wollen. Oder wie Hanning es sagte: „Die jungen Spieler werden die nächsten Jahre ganz sicher nicht schlechter.“

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